BERNHARD LICHTENBERG - und der Pfad der Erinnerung an den Widerstand gegen die Nazi-Diktatur

Kategorie(n): Bernhard-Lichtenberg-Denkmal - Pfad der Erinnerung

"Was gestern war, wissen wir. Was morgen sein wird, wissen wir nicht. Aber was heute geschehen ist, haben wir erlebt: Draußen brennt der Tempel. Das ist auch ein Gotteshaus.“ B. Lichtenberg am 9. Nov. 1938
Bernhard Lichtenberg gründete vor über 90 Jahren neben dem Canisius Kolleg auch die Liebfrauenschule.

Dompropst Bernhard Lichtenberg wurde am 3. Dezember 1875 im schlesischen Ohlau geboren und 1899 in Breslau zum Priester geweiht. Nach seiner Berufung als Dompfarrer 1932 und als Dompropst 1938 protestierte er gegen die „Euthanasie“-Morde und betete öffentlich für die verfolgten Juden. Am 23. Oktober 1941 wurde er verhaftet und am 22. Mai 1942 von den Nationalsozialisten verurteilt. Er starb schwerkrank am 5. November 1943 in Hof auf dem Transport ins Konzentrationslager Dachau.

 Bemhard hatte drei Brüder, den älteren Alfred und die kleineren Johannes und Franz. Zwei Erfahrungen prägten Lichtenbergs Kindheit und Jugend besonders, nämlich die tiefe Frömmigkeit seiner Eltem August und Emilie Lichtenberg, die diese Frömmigkeit an ihre vier Söhne weitergaben, und zum anderen die Diasporasituation im vorwiegend evangelischen Niederschlesien.

„Wir Katholiken bildeten eine recht kleine Gruppe und als solche ging es uns nicht immer gut. Man versuchte, uns zurückzudrängen, unsere Freiheiten einzuschränken, unsere Meinung zu unterdrücken. Ich verstand damals zwar noch nicht ganz, warum das so war, aber ich spürte die Sorgen und auch die Wut der Erwachsenen aufgrund dieses Zustandes.“

Lichtenbergs Vater wurde von der Stadtverwaltung boykottiert, die die Bevölkerung Ohlaus drängte, bei ihm keine Lebensmittel mehr zu kaufen, man kaufte in diesen Jahren nicht bei Katholiken. Doch da hatten die Herren der Stadtverwaltung nicht mit den anderen Katholiken der Stadt und aus den umliegenden Dörfern gerechnet, die ab sofort ausschließlich bei den Lichtenbergs einkauften, was sie brauchten. Schon früh lernte der junge Bemhard Lichtenberg erstens, wie wichtig es ist, sich als Minderheit gegenseitig zu helfen, zweitens den Wert fester Grundsätze auch um den Preis persönlicher Nachteile und drittens die Erfahrung des Widerstandes gegen offensichtliches Unrecht. Diese Erfahrung kam ihm später sehr zugute.

„Als Schüler war ich weder besonders schlecht noch übermäßig gut. Hervorgehoben wurde durch meine Lehrer allerdings immer, dass ich ein guter Turner und sprachlich begabt sei. Ich beherrsche, so sagten sie, die Kunst des freien Redens, sei lerneifrig und bescheiden. Das stelle ich aber doch sehr in Frage. Gleichzeitig betonten sie, dass auffällig an mir leider mein aufbrausendes Temperament sei, meine Angewohnheit, sofoıt zu reagieren statt erst in Ruhe nachzudenken."

Die Schule absolvierte Lichtenberg bis zum Abitur. Schon damals wusste er, dass er einmal Priester werden wollte. Auch für seine Eltem und Geschwister stand dieses außer Frage. Mit beinahe 20 Jahren verließ_ er deshalb 1895 erstmals seine Heimat, denn er hatte in Innsbruck einen Studienplatz für Theologie erhalten.

„Leider war meine Zeit in Innsbruck sehr schnell vorüber, denn den Rest meines Studiums sollte ich gemeinsam mit den anderen angehenden Priestern meines Bistums auf Wunsch unseres Bischofs in Breslau verbringen.“

Am 21. Juni 1899 erteilte der Breslauer Bischof Kardinal Kopp zusammen mit 88 weiteren Diakonen Lichtenberg die Priesterweihe. Nach seinem ersten Kaplansjahr in Neisse wurde Bemhard Lichtenberg von Bischof Kopp nach St. Mauritius in Lichtenberg (bei Berlin) gesandt. Das damalige Dorf war um 1900 schnell auf 43.000 Einwohner angewachsen. Nach weiteren Kaplansjahren in Charlottenburg und Berlin leitete Lichtenberg als Kuratus die Gemeinden in Friedrichsfelde-Karlshorst und in Pankow (ab 1905). Besonders in Pankow wurde er erstmals in öffentliche Kontroversen mit Gegnern der katholischen
Kirche verwickelt, deren Angriffen er vehement entgegentrat und sich entschloss, Mitglied des Zentrums zu werden, einer Partei, die seiner Meinung nach in der Lage war, katholische Interessen auch politisch durchzusetzen. Im März 1913 wurde Lichtenberg Pfarrer an Herz Jesu in Charlottenburg.

Weitere Lebensdaten Bernhard Lichtenbergs (Auszüge)

1919 bis Sept. 1931 Mitglied der SW bzw. BW von Charlottenburg und Berlin-Charlottenburg
13. Aug. 1930 Errichtung der Diözese Berlin durch die Apostolische Konstitution Papst Pius” XI. „Pastoralis officii“
7. Mai 1932 Ernennung zum Administrator der Dompfarrei St. Hedwig in Berlin
27. Dez. 1932 Ernennung zum Dompfarrer der Dompfarrei St. Hedwig
Sommer 1933 Hausdurchsuchung,Verhör und Verwarnung durch die Gestapo
10. Dez. 1935 Protestschreiben an Reichskanzler Adolf Hitler gegen die wieder aufgenormnene Verbreitung des Buches „Der Pfaffenspiegel“
24. Dez. 1935 Besuch Lichtenbergs im Auftrag des Bischofs von Berlin bei Inhaftierten im Gefängnis des Geheimen Staatspolizeiamtes
16. Aug. 1936 Kollekte auf Anweisung Lichtenbergs in der St. Hedwigs-Kathedrale „für schwer notleidende nichtarische Katholiken“
Okt. 1937 Denunziation Lichtenbergs durch Graf von Kageneck
16. Nov. 1937 Wahl zum Domprobst des Kathedralkapitels zur Hl. Hedwig in Berlin
10. Sept. 1938 Verbot des „Katholischen Kirchenblatts für das Bistum Berlin“
9.-11. Nov. 1938 Judenpogrome, Abendgebete in der St. Hedwigs-Kathedrale
3. Aug. 1941 „Brandpredigt“ des Bischofs von Münster, Graf Galen, gegen die „Euthanasie“-Morde
23. Okt. 1941 Vorladung und Festnahme Lichtenbergs durch die Geheime Staatspolizei; Einlieferung in das Strafgefängnis Plötzensee, Haus IV (Zelle 48)
5. Nov. 1943 Tod im Stadtkrankenhaus Hof um 18 Uhr und öffentliche Aufbarung in der Kirche
Überführung nach Berlin

Am 23. Juni 1996 wurde Bernhard Lichtenberg vom Papst Johannes Paul II selig gesprochen. Am 7. Juli 2004 wurde ihm der Ehrentitel "Gerechter unter den Völkern" durch die Israelische Holocaust-Gedenkstätte YAD VASHEM zuerkannt. Sein Gedenktag ist der 5. November.
 

- Material zum "Pfad der Erinnerung: https://pfad-der-erinnerung.berlin/

Online-Austellung "Widerstand evangelischer Christen gegen die Nazi-Diktatur": https://de.evangelischer-widerstand.de/#/

Übersicht "Erinnerungsorte": https://www.dietrich-bonhoeffer.net/erinnerungsorte/



- Material zum Bernhard-Lichtenberg-Denkmal:

Liebfrauenschule Berlin enthüllt Lichtenbergdenkmal - Ein Interview mit Cornelia Wehr (ehem. Direktorin der katholischen Liebfrauenschule in Berlin) 7:30 Min:

[   https://www.domradio.de/audio/liebfrauenschule-berlin-enthuellt-lichtenbergdenkmal-ein-interview-mit-cornelia-wehr   ] momentan nicht verfügbar!


Denkmal wird feierlich enthüllt - von Matthias Vogel aus Charlottenburg- 30. Mai 2019

Westend. Vor der Katholischen Liebfrauenschule, Ahornallee 33, wird am Montag, 3. Juni, 12 Uhr die Enthüllung des Bernhard-Lichtenberg-Denkmals gefeiert. Das Kunstwerk entstand in Zusammenarbeit von Schülern und Lehrern der Liebfrauenschule mit der Schmiede der Benediktinerabtei Meschede. Das Denkmal erinnert an den seligen Dompropst Bernhard Lichtenberg, der sich als Pfarrer der Herz-Jesu-Gemeinde in Charlottenburg von 1913 bis 1930 für die Gründung und den Aufbau der Liebfrauenschule engagierte. Später, als Dompfarrer und Dompropst an der St. Hedwigskirche, setzte er sich nach den Novemberpogromen 1938 besonders für die verfolgten Juden ein. Dieser Einsatz und seine grundsätzliche Nazigegnerschaft führten 1942 zu Verurteilung, Haft und Deportation ins Konzentrationslager Dachau. Bernhard Lichtenberg starb auf dem Weg dorthin am 5. November 1943. Sein Grab befindet sich in der Gedenkkirche Maria Regina Martyrum in Charlottenburg-Nord. maz
Quelle: Berliner Woche   https://www.berliner-woche.de/westend/c-leute/denkmal-wird-feierlich-enthuellt_a215422


Pfarrer Bernhard Lichtenberg – Impuls von Weihbischof Ansgar: https://www.youtube.com/watch?v=CLOyI3-ateE


"Für ihn war jeder jede Mühe wert" - Ein Interview mit Prälat Tobias Przytarski (Dompropst der St. Hedwigs-Kathedrale in Berlin): https://www.domradio.de/audio/fuer-ihn-war-jeder-jede-muehe-wert-der-ehemalige-berliner-dompropst-lichtenberg-wird

Video: Dr. Klein, der Postulator des Seligsprechungsverfahrens spricht über den mutigen Blutzeugen: https://vimeopro.com/ewtn/unsere-heiligen-staffel-2/video/397615064


weitere Informationen: https://www.domradio.de/themen/bist%C3%BCmer/2019-06-03/erinnerungsstaette-fuer-seligen-dompropst-neues-berliner-denkmal-fuer-hitler-gegner-lichtenberg

Bernhard Lichtenberg - 70. Todestag (3 Min. EBO) : https://www.youtube.com/watch?v=4-cYEGtmJAU

Evangel. Bischof Markus Dröge "Sein Lebenswerk hat mich sehr beeindruckt": https://www.domradio.de/themen/bist%C3%BCmer/2019-11-06/droege-lichtenberg-verehrung-zeigt-solidaritaet-mit-juden

 

Berliner Bischof Konrad Kardinal von Preysing in einem Hirtenbrief von Juni 1945:

"[...] Ich möchte heute nur die Gestalt des seligen Domprobstes Lichtenberg vor euren Augen erstehen lassen, des Priesters ohne Furcht und Tadel, der nach zweijähriger entbehrungsreicher Haft während seiner Verschleppung nach Dachau zusammenbrach und starb. Sein Vergehen war, dass er gegen die allen Rechtsbegriffen hohnsprechende Judenverfolgung durch ein Gebet eingetreten war und durch seine - im Entwurf vorliegende - Kanzelvermeldung noch weiter eintreten wollte und, obwohl das ,in dem Prozeß nicht Verhandlungssache war, weil er sich in einem Brief an den damaligen Reichsärzteführer in heiligem Zorn gegen die Tötung Geisteskranker gewandt hatte. Eine Mutter hatte ihm ihr Leid geklagt, dass, als sie ihr Kind aus der Anstalt holen wollte, dasselbe bereits ermordet worden war. [...]"

 

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